In den Jahren 1995/96 bot die Sachsenring Automobiltechnik GmbH die "Last Edition" zum Verkauf an. Dabei handelte es sich um 444 Stück Trabant 1.1 Universal in der Farbe togaweiß. Ob es sich wirklich um 444 Fahrzeuge handelte oder ob die Zahl zu Werbezwecken geschönt wurde, ist heute leider nicht mehr nachvollziehbar.

Da die Produktion des Trabant bereits am 30. April 1991 eingestellt wurde, mag man sich nun die Frage stellen, wieso fünf Jahre später nochmal neue Trabant verkauft werden konnten. Im Jahr 1991 kaufte ein Importeur aus der Türkei eine große Anzahl 1.1er Trabant. Diese wurden mit dem Zug in die Türkei bis zum Zollhafen der Stadt Mersin geschickt. Ihr Ziel -den Bosporus- erreichten die Autos aufgrund der fehlenden Einfuhrgenehmigung nicht. Kurze Zeit später meldete der Importeur Konkurs an. Somit war für die Fahrzeuge auf dem Zollfreilager von Mersin die Reise erst einmal zu Ende. Unter freiem Himmel, umgeben von einem hohen Zaun standen die Trabis unter Einfluss der salzhaltigen Meeresluft, was nicht ohne Folgen bleiben sollte.

Die Sachsenring Automobiltechnik GmbH holte die Fahrzeuge nach zähen Verhandlungen mit den türkischen Behörden im Jahr 1995 wieder zurück, um sie als Sondermodell in den Handel zu bringen. Per Schiff gelangten die Trabant nach Bremerhaven, von wo aus sie per Zug nach Zwickau transportiert wurden. Die Kosten für den Rücktransport trug die Sachsenring Automobiltechnik GmbH. Im Juli 1995 waren die 1.1er wieder zurück in Sachsen.

Die Schäden durch die Witterungseinflüsse waren so gravierend, dass man jedes Fahrzeug komplett aufarbeiten musste. Einige Fahrzeuge waren leider nicht mehr zu retten, sodass sie verschrottet wurden und andere nur noch als Ersatzteilspender zu gebrauchen waren. Wie viele der 1.1er in die Presse wandern mussten, ist leider nicht bekannt bzw. wurde von der Sachsenring Automobiltechnik GmbH nie veröffentlicht.

In den folgenden Monaten wurde die "Last Edition" durch 29 ehemalige Mitarbeiter des VEB Sachsenring wieder instandgesetzt.

Wie im Westen üblich, wollte man maximalen Gewinn mit minimalem Aufwand erreichen. Zunächst wurden die reparaturwürdigen Fahrzeuge zerlegt. Für die Lackierung holte man sich Angebote von Lackierfirmen ein, die die Fahrzeuge möglichst kostengünstig in einen verkaufsfähigen Zustand versetzen sollten. Den Zuschlag bekam Firma Lippert, da diese das günstigste Angebot machte. Leider war die Qualität auch dementsprechend schlecht. Beispielsweise überspritzte man im Heckbereich die noch nicht ausgehärtete Hohlraumversiegelung. Bei einigen Fahrzeugen wurden die Aluzierleisten einfach überspritzt. Das sparte Zeit und somit Geld, denn nun brauchte man die Leisten nicht einmal zu polieren und vom Dreck zu befreien. Über Dreck und Rost wurde bei vielen Fahrzeugen einfach überlackiert. Den Sprühnebel findet man teilweise noch, wenn man sich die Dichtungsgummis genauer anschaut.

Löcher in den A-Säulen wurden grob vom Rost befreit und mit einem Stück Reparaturblech verschweißt, ganz nach dem Motto: "das sieht später sowieso keiner mehr". Tank und Abgasanlage verhalf man mit Spraydosen zu neuem Glanz, damit wenigstens zum Verkauf die Optik stimmte.

Die Hauptbremszylinder und die vorderen Radbremszylinder wurden bei allen Fahrzeugen erneuert, um die Bremswirkung sicherzustellen. Radbremszylinder und Beläge an der Hinterachse wurden hingegen nur bei Bedarf gewechselt.

Aus Altersgründen und wegen Standschäden erneuerte man bei allen Fahrzeugen die Reifen, aber auch hier griff man zu einem günstigen Hersteller.

Nachdem die Fahrzeuge dann wieder komplettiert wurden, bekamen die 1.1er noch einige besondere Ausstattungsmerkmale um den Wiedererkennungswert der "Last Edition" zu erhöhen. Zu diesen Ausstattungmerkmalen der 444 letzten Trabis gehören:

  • Kunstledersitze
  • "Einer von 444 Trabant"-Messing Schriftzüge an Front und Heck
  • Blaupunkt-Kassettenradio mit passendem Einbaurahmen
  • Zertifikat über den Erwerb eines der letzten Fahrzeuge
  • eine Sammlerplakette
  • jeder Käufer eines der letzten 444 Trabant 1.1 erhielt ein kleines Buch über die Trabant-Geschichte

Nachdem die Fahrzeuge überholt waren, standen sie ab dem 11. Oktober 1995 bei der Sachsenring Automobiltechnik GmbH als "Last Edition" für 19.444,- DM zum Verkauf bereit.

Der Verkauf lief sehr schleppend und nur wenige waren bereit für einen Trabant so viel Geld auszugeben. Gerade einmal 94 Fahrzeuge fanden Interessenten, woraufhin der Preis für die Fahrzeuge auf 14.950,- DM gesenkt wurde. Da auch das die Verkaufszahlen nicht wie erwünscht steigerte, sah man sich nach neuen Absatzmöglichkeiten um. Am 11. Mai 1996 wurde dann zwischen der Sachsenring Automobiltechnik GmbH und dem damaligen Allkauf-Geschäftsführer Theo Schnichels ein Kaufvertrag über 350 Trabant der "Last Edition" unterzeichnet. Die Supermarktkette bot die Fahrzeuge ab dem 17.06.1996 in ihren ostdeutschen Filialen für 9.999,- DM an. Es wurden Anzeigen geschaltet, Werbetafeln produziert und man stellte die Fahrzeuge auf dem Gelände der Filialen aus, um so potentielle Käufer anzulocken. Der Verkauf der Fahrzeuge verlief auch hier nur sehr schleppend, allerdings fanden sich aufgrund des reduzierten Preises letztlich doch Käufer für die letzten Fahrzeuge.

Ein ganz besonderes Fahrzeug der "Last Edition" bekam der Sänger Udo Lindenberg anlässlich seiner ersten Tournee durch die neuen Bundesländer im Jahr 1996. Es handelte sich um das allerletzte Fahrzeug dieser Sonderserie, zu erkennen an der eingestanzten Nummer 444. Dieses Fahrzeug kann man heute im Hotel Atlantic in Hamburg besichtigen.

Zugegeben, die "Last Edition" ist schon recht negativ behaftet. Trotzdem sei gesagt, dass es auch Fahrzeuge dieser Reihe gibt, die gehalten haben was bei ihrem Verkauf versprochen wurde. Nicht jeder 444er ist eine Rostlaube, allerdings ist es heutzutage nicht leicht noch gut erhaltenen Autos aus dieser Serie zu finden. Fakt ist, dass die "Last Edition" zur Geschichte des Trabant dazu gehört, auch oder gerade weil sie für das letzte traurige Kapitel des Trabant 1.1 und des eigenständigen Automobilbaus in Zwickau stehen.

Quelle: www.trabitechnik.com

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